In diesem Blogartikel möchte ich Dir die 6 Phasen der Veränderung näher bringen und Dir aufzeigen, wie diese ablaufen und was sie mit sich bringen. Denn Veränderung ist hart! Gehe daher liebevoll mit Dir um und behandle Dich wertschätzend!
Eine anschauliche Geschichte zur Veränderung
Stell Dir vor, Du beobachtest ein kleines Kind, was Fahrrad fahren lernen möchte. „Aber so richtig Fahrrad fahren, ohne Stützräder!“ sagt es mit Überzeugung und Nachdruck in der Stimme. Die kleine Faust ist geballt, dass Gesichtchen angespannt.
Das kleine Kind ist voller Euphorie dieses Ziel zu erfüllen. Als dann die Stützräder abgenommen werden, das kleine Kind seine ersten Versuche ohne die Stützhilfe macht und feststellt, dass das Fahrrad fahren nun gar nicht mehr so einfach ist, wird es trotzig und weinerlich. „Nein, nein, ich möchte doch mit! Das gefällt mir lieber mit Stützrädern, ohne finde ich Fahrrad fahren doof!“
Was denkst Du ist passiert?
Das kleine Kind hat erfahren, dass die Veränderung, nämlich ohne Stützräder zu fahren, sehr viel größer und angsteinflößender ist, als es das angenommen hat. Die Angst war größer als der anfängliche Mut und Wunsch nach Entwicklung. Es verfällt in eine Schockstarre.
Und so geht es uns tagtäglich auch: Wir nehmen Veränderungen wahr und es flößt uns Angst ein. Manchmal deutlicher und manchmal weniger deutlich. Egal wie groß die Angst ist, wir verneinen, gehen in den Widerstand und verharren dort. Und damit befinden wir uns schon in Phase Eins von Veränderungen.
Wie findet Veränderung statt?
In diesem Artikel möchte ich Dir die Phasen der Veränderung ausführlich erklären und Dir aufzeigen, warum es uns allen so schwer fällt, alte Gewohnheiten abzulegen und neue Verhaltensweisen anzunehmen. Eventuell sind Dir die Phasen der Veränderung schon aus dem Changemanagement bekannt. Dort gibt es einige Modelle, die die Phasen der Veränderung beschreiben. Ich beziehe mich in diesem Artikel auf die sechs Stufen der Veränderung nach dem Modell von James O. Prochaska von der University of Rhode Island und seinen Kollegen John Norcross und Carlo di Clemente. Dieses Modell wurde unter anderem auch genutzt, um gesundheitliche Verhaltensweisen wie Rauchen, Alkoholkonsum, Ernährung und sportliche oder körperliche Bewegung zu untersuchen.
Die 6 Phasen der Veränderung
Phase 1: Schock
Wie bereits schon erwähnt, ist die erste Phase durch Verharren und Schock gekennzeichnet. Hörst Du Dich selbst oder jemand anderen sagen „Die anderen sind Schuld!“, „Das bringt doch eh nichts.“, „Immer wird auf mir herum gehackt!“, befindest Du Dich oder die Person in Phase Eins der Veränderung.
Diese Phase kann auch durch den Verlust des Jobs, einer Trennung oder eines geliebten Angehörigen ausgelöst werden.
Hilfreiche Fragestellungen in dieser Phase:
* Welche Konsequenzen wird es haben, wenn ich diese Situation nicht verändere?
* Welche Vertrauensperson kann ich um Rat fragen, damit ich zu neuen Erkenntnissen gelange?
Phase 2: Erkenntnis
Diese Phase ist durch Erkenntnis geprägt. Dir wird bewusst, dass Du etwas ändern musst in Deinem Leben. Hier ist es wichtig, sich bewusst mit der Thematik auseinander zu setzen und Dir konkrete Handlungsmöglichkeiten zu überlegen.
Sei Dir aber bewusst, dass das Gefühl von Lähmung Dein ständiger Begleiter in dieser Phase ist. Der Lähmungszustand kann Tage, Wochen oder sogar Jahre andauern. Es ist wichtig, dass Du in dieser Phase ins Handeln kommst und den nächsten Schritt wagst. Setze Dir Ziele und überlege Dir, wie Du diese am besten erreichen kannst.
Hilfreiche Fragestellungen in dieser Phase:
* Was genau möchte ich verändern? Was genau bringt mich dazu, negative Gefühle zu haben?
* Wie würde sich mein „besseres Ich“ in dieser Situation verhalten?
Phase 3: Neuorientierung
In der nächsten Phase wirst Du ein deutlichen Willen verspüren, Dich wirklich zu verändern und das Dir neu angeeignete Verhalten sowie die neu gewonnenen Erkenntnisse umzusetzen. Du fühlst Dich hochmotiviert und möchtest unmittelbar mit der Erreichung Deines „neuen Ichs“ starten. Du bist in dieser Phase lösungsorientiert und deine Gedanken sind in die Zukunft gerichtet. Voller Motivation sagst Du Sätze wie „Ich will jetzt etwas verändern!“ Und Du weißt genau, was Du zu tun hast.
Hilfreiche Fragestellungen in dieser Phase:
* Was müsste passieren, dass ich dauerhaft dieses Verhalten zeige?
* Wann und wo ist die Versuchung am größten, die neue Verhaltensweise fallen zu lassen und in mein altes Verhaltensmuster zurück zu fallen?
Phase 4: Handeln
In dieser Phase ist es besonders wichtig einen Umsetzungsplan zu haben und geliebte Menschen, die Dich unterstützen. Diese Phase bestimmt Deine mentale Ausrichtung, denn Du legst Deine bisherigen Verhaltensweisen ab und eignest Dir neue Sichtweisen an. Obwohl Du über ein hohes Maß an Entschlossenheit und Engagement verfügen wirst, ist es die schwerste Phase des Prozesses. Hier heißt es „machen!“, egal was Deine Psyche oder Dein Körper Dir einreden wollen. Es ist wichtig, dass Du die neu erlangten Verhaltensweisen und Erkenntnisse umsetzt und Dich gegen den Rückfall in alte Verhaltens- oder Gedankenmuster stemmst.
Hilfreiche Fragestellungen in dieser Phase:
* Was brauche ich, dass ich positiv bleibe und meine neue Verhaltensweise umsetze?
* Was hat mir besonders geholfen, um ins Handeln zu kommen?
Phase 5: Durchhalten – Du bist auf dem richtigen Weg
Diese Phase kann die größtmögliche persönliche Herausforderung für Dich darstellen. Sei Dir bewusst, dass Rückfälle passieren können. Versuche sie bewusst zu vermeiden. Solltest Du jedoch einmal rückfällig werden, gehe verständnisvoll mit Dir um und erlaube Dir Fehler zu machen. Versuche Deine Kräfte realistisch einzuschätzen und gib Dir Zeit. Überprüfe noch einmal Dein Ziel: wie weit bist Du schon gekommen?
Hilfreiche Fragestellungen in dieser Phase:
* Was müsste passieren, damit Ich in meine alten Verhaltensweise zurückfalle? Was kann ich dagegen tun?
* Wie belohne ich mich für meine Teilerfolge?
Phase 6: Stabilisieren
In dieser Phase hast Du es geschafft, Du hast Dich verändert. Du wirst Deine neues Verhalten oder Deine neuen Lebensweisen positiv wahrnehmen und als „normal“ empfinden. Du fühlst dich selbstsicher im Umgang mit den neuen Erkenntnissen und hast keine Rückfälle mehr. Dein „neues Ich“ ist „geboren“.
Hilfreiche Fragestellungen in dieser Phase:
* Wie feiere ich meinen Erfolg?
* Was würdest Du jetzt jemandem raten, der sich in der gleichen Ausgangssituation befindet, in der Du damals warst?
Und ganz zum Schluss eine ganz persönliche Anmerkung:
Mir war es ein Anliegen, diesen Artikel zu schreiben, um Dich einerseits darüber aufzuklären, wie (persönliche) Veränderung statt findet, andererseits aber auch um Dich auf etwas vorzubereiten. Wenn Du meine Geschichte ein wenig verfolgt hast, weißt Du, dass ich sehr viele Veränderungen persönlich herbei geführt habe. Ich habe mich mit allen notwendigen Schritten auseinander gesetzt, um zu meiner Version von einem besseren Selbst zu werden. Dabei habe ich all die beschriebenen Phasen durchlaufen.
Eine Phase war die prägendste: das Tal der Tränen.
Während der Recherche für diesen Artikel habe ich diese Bezeichnung in keiner wissenschaftlichen Abhandlung der Veränderungsphasen gefunden, ich wurde auf den Begriff durch Podcasts und Blogs aufmerksam. Er beschreibt aber sehr treffend, was in dieser Phase passiert. Ich möchte daher betonen, dass es sich, meines Wissens nach, um keine wissenschaftliche Bezeichnung und Erklärung handelt, sondern ich in diesem Artikel aus meiner eigenen Erfahrung spreche. Und aus dieser heraus, würde ich das Tal der Tränen zwischen Phase drei und vier, nach dem Modell von Prochaska, Norcross und di Clemente, einordnen.
Die Neuorientierung hat bereits statt gefunden, man nimmt bereits Veränderung wahr und ist euphorisch, diesmal alles anders zu machen. Man kommt ins Handeln, wie in Phase vier beschrieben und weiß nun genau, wo es hingehen soll. Ich finde jedoch in diesem Modell nicht die emotionalen Schmerzen und die Verzweiflung wieder, die mit psychischer Veränderung einhergehen.
Der aktive Veränderungsprozess.
Um sich aktiv verändern zu können, muss man Menschen und Dinge los lassen. Man muss in gewisser Weise sich selbst los lassen und akzeptieren, dass das „alte Ich“ nach der Veränderung nicht mehr sein wird. Man muss akzeptieren, dass man jahrelang eine Version seiner selbst gelebt hat, die man nun nicht mehr haben will, die man vielleicht sogar verurteilt. In dieser Phase wird auch wieder die Angst hoch kommen: Was ist, wenn meine Mitmenschen mein „neues Ich“ nicht mögen? Was ist wenn ich ein Fehler mache? Vielleicht war doch alles gar nicht so schlimm?
Nimm Hilfe an!
Ich möchte Dir daher bewusst ans Herz legen, dass Du Dir aktiv therapeutische Hilfe suchst, wenn Du während des Veränderungsprozesses seelische und emotionale Schmerzen empfindest. Es ist nichts falsch daran, sich Hilfe in Form eines Therapeuten zu suchen. Viel eher zeigt es Dein Bewusstsein und Deine Liebe Dir selbst gegenüber.
Generell ist es wichtig sich während einem Veränderungsprozess, egal ob Du das Rauchen aufhören, abnehmen, mehr Sport machen oder Dich persönlich verändern möchtest, Dir Liebe und Fürsorge zu schenken. Erzähle Deinen engsten Vertrauten von Deinen Gedanken und Gefühlen, lasse sie an Deiner Veränderung teilhaben, so dass sie sich keine Sorgen machen und Dich bestenfalls unterstützen. Gehe liebevoll mit Dir um, sei verständnisvoll und habe Vertrauen, alles wird sich zum Guten wenden, wenn Du weiter gehst.
Martin Luther King sagte schon damals:
„Wenn du nicht fliegen kannst renne, wenn du nicht rennen kannst gehe, wenn du nicht gehen kannst krabble, aber was auch immer Du tust, Du musst weitermachen.„
Quellen:
Buch:
Eremit B., Weber K. (2016) Sechs Stufen der Veränderung. In: Individuelle Persönlichkeitsentwicklung: Growing by Transformation. Springer Gabler, Wiesbaden
Blog:
Bettina Hiellscher Autorin und Life Coach
https://www.bettinahielscher.de/tal-der-traenen/